Im Sommer 2011 bat mich Johannes Rux, Programmleiter bei Nomos, um einen Rezensionsaufsatz zu dem posthum erschienenen Buch von Cornelia Vismann („Medien der Rechtsprechung“). Ich willigte ein, nicht ohne Bedenken, denn Cornelia hatte ich gemocht und nach Kräften unterstützt, auch wenn mich ihr Vorhaben nicht begeisterte; und jetzt war sie tot – schlechte Voraussetzungen für eine nüchterne Besprechung. Ich las ihren Text und versuchte mir mit Hilfe eines Seminars im Wintersemester 2011/12 eine solide Grundlage für eine Würdigung zu schaffen. Das misslang völlig.




Vismann wurde referiert. Aber die Erörterungen blieben zäh und gestaltlos. Die Kritik unsubstantiiert. Die Buchpräsentation im Berliner Wissenschaftskolleg im Juni vermittelte nichts, was nicht schon erörtert worden wäre. Die Fragen des Publikums erreichten die Statements der Seminaristen nicht. Am Semesterende las ich die Rezensionen, die Vera Finger mir zusammengesucht hatte, und versuchte mich an einem sachlichen und sanften Text. Er wurde länglich und gefiel mir nicht recht. Meine freundschaftlichen Lektorinnen und Lektoren blieben ambivalent.

Ich schickte den „Aufsatz“ unverändert an Johannes Rux. Dem gefiel er auch nicht sonderlich. Verständlicherweise schon deshalb nicht, weil ich nicht lieferte, was er bestellt hatte. Rezension der Vismann-Leser statt Rezension von Vismann. Rux geriet in die bekannt schwierige Lage eines Herausgebers, dem ein bestellter Text missfällt. Schickt er ihn zurück, verärgert er den Autor, den er aber bei Gelegenheit vielleicht noch braucht. Verlangt er Änderungen, verärgert er auch, und wenn nicht, dann ist die Chance, daß das verbesserte Produkt deutlich besser wird als zuvor, in der Regel gleich null, wodurch sich die Lage des Herausgebers weiter verschlechtert. Denn jetzt KANN er eigentlich nicht mehr zurückschicken und ärgert sich noch mehr, weil sein Ärger bei sofortigem Druck nur ein einfacher und schon vergessen gewesen wäre.

Rux wählte den Weg, den ich auch immer gern gegangen bin. Er schrieb, daß die Bedenken bei den anderen (den Mitherausgebern, dem Board etc.) lagen, daß aber jedenfalls gedruckt werde, obwohl vielleicht dies und jenes doch noch einmal überdacht werden könne/solle… Kein Konditionalis, allenfalls eine Bitte. Nur wenige Autoren machen sich da nicht freudig an die Arbeit.

Ich hätte das gewiss auch gemacht, hätte mir nicht unversehens Peter Schlag, mein freundlich-freundschaftlicher Arzt, signalisiert, daß Arbeit vorläufig nicht mehr in Betracht komme, wobei offen blieb wie lange das sein würde.

Ich teilte es Rux mit und der reagierte erneut als Gentleman. Gesunden Sie, dann sehen wir weiter, lautete seine Botschaft. Soweit ist es noch nicht, aber die Chance, ihn (und mich) aus der Bredouille zu befreien, ist da. Ich habe den Text noch einmal gelesen. Jetzt gefiel er mir eigentlich ziemlich gut.

Krajewski hätte ich nicht zausen sollen, meinte Rux, aber das leuchtet mir nicht ein. Wer nicht reden kann, soll üben oder schweigen.

Der Vorstellungsbericht sei zu lang, meint Rux, womit er wohl recht hat, aber ich fand keinen rechten  Ansatz für eine Kürzung. Es wird immer noch zu wenig berichtet, und wenn dem Leser ein einigermaßen  vollständiges Bild geboten werden soll, muss er eben viel lesen. Es ist immerhin noch wesentlich weniger als er im Buch lesen müsste.

Die Sprecher des Textes seien nicht deutlich genug differenziert und nur schwer unterscheidbar, meinte Rux. Und damit hatte er leider völlig recht.

Der von Zischler verlesene Text von Vismann, mein Kommentar zum Leser und zum Vismanntext, die von Krajewski  und Alexandra Kemmerer gegebenen Interpretationen, mein Kommentar zu der einen und dem anderen und zu dem von Ihnen vorgetragenen Text, obendrein meine textunabhängigen Hinweise hätten zweifellos viel mehr artifizielle Disposition verlangt als ich aufzubringen in der Lage war. Das habe ich heute versucht zu korrigieren. Ich bin nicht sicher, daß es gelungen ist. Aber das auch nicht dramatisch, da ich Rux jetzt nicht mehr anständig mit dem „Aufsatz“ behelligen kann, muss, will und der liebe Tagebuchleser als Gratis-Konsument mit dem zufrieden sein muss, was er bekommt.

Wer sich vertiefen will kann hier nachschlagen.